Großeltern von heute – Kinder von damals

Kriegskinder – Die vergessene Generation (5/5)

Zur Rückkehr nach Schwalbach:

Frau S. (*36):
„Wasser gab’s nicht mehr, die Fenster waren kaputt, wie gesagt, dadurch, wir hatten noch oben im Haus; da war ein Blindgänger, der war also; wir haben so ein Doppelhaus, der ist bei uns rein, durchs ganze Haus; die Möbel, die er erreicht hat, mal kurz gelöchert. Nebenan, das ist mein Onkel; da durch und dann in der nächsten Wiese hat das gute Teil gelegen. Wenn der bei uns beim ersten Einschlag wirklich krepiert wäre, hätte er nicht so viel Schaden gemacht, wie der Blindgänger gemacht hat. Ja gut, wie gesagt, das Haus war halt, die Fenster waren mit Pappe zugeschlagen, wie das so war. Aber die Eltern waren fleißig und strebsam und wir haben das als Kinder ja nicht anders gekannt. […] Da fällt mir noch ne Sache ein: Mein Bruder, der da mittlerweile in Elm in der Werkstatt gelernt hatte, die haben dann immer so Essen gekriegt. Das war so ne, ja das war irgendwie eine Brühe mit dicken Nudeln, nur in dieser Brühe war Rindertalk. Und wenn der ja kalt wird, wird der ja so fest und das ist ja sehr unverdaulich. Da war’s meinem Bruder auch mal schlecht, da hat er mal gebrochen. Und da hat meine Mutter gesagt: „Dann bring doch das Essen mit heim und dann mach ich dir es immer am nächsten Tag warm ehe du zur Arbeit gehst.“. Ja und da hat meine Mutter mich - wir hatten Kohlenherde damals - an den Herd gestellt, das Kochgeschirr mit dem Paul seiner Suppe, die sollte ich jetzt rühren, langsam warm machen. Ja, wie gesagt, wenn man Hunger hat. Ich hab dann mal probiert und mal probiert und mal probiert… das Töpfchen ist immer leerer geworden. Da kam meine Mutter entsetzt und die war so böse! Ich hab Prügel bezogen; wenn man heute überlegt, man prügelt ein Kind, weil es was gegessen hat. Aber in der Situation, meine Mutter hat geweint: „Ich hab doch nichts für den Bub und der muss unter Tage fahren!“. Das kann man in der heutigen Situation wohl gar nicht richtig nachvollziehen. Ja und dann ist es so, langsam ist es aufwärts gegangen, da gab’s dann die CARE- Pakete aus Amerika, die bekamen dann aber nur die kinderreichen Familien, wir – damals mein jüngerer Bruder und ich – das hat nicht gereicht, wir haben also keines bekommen. Mein anderer Onkel, die hatten sechs Kinder, die haben immer ein CARE- Paket von der „Miss Merry“ bekommen, das war für uns damals… „Miss Merry“ – weiß Gott was!

Da bin ich auch mal da gewesen und hab gesehen, was die so bekommen haben, natürlich mit langer Nase. Wenn man nichts hat, dann ist Neid und Gier und so, das sind natürliche Begleiterscheinungen, das muss ja nichts mit dem Charakter zu tun haben. Ja und irgendwann gab’s dann mal Butter. Da haben die Schulkinder, die haben ein Viertelpfund Butter bekommen. Damals haben wir Pellkartoffeln gemacht und Butterflöckchen drauf, das war… Hochzeit!“

Zu den Auswirkungen des Krieges:

Frau G. (*39):
„Mein Mann und ich waren später mit einer Reisegesellschaft in Rotenburg. Da hatten wir einen Tag zur freien Verfügung. Wir haben uns dann erkundigt, wie die Busse fahren, ob man nach Burg Bernheim (der Ort, wo sie evakuiert war) kommt, das sind ja nur 5 Kilometer. Wir hatten dann Glück und haben einen Bus bekommen und sind dann durch Burg Bernheim spaziert, haben uns das Dorf angeschaut; es hat sich sehr viel verändert. Da habe ich gefragt, das war die „Äußere Bahnhofsstraße“, die heißt jetzt anders. Ich wollte wissen, wo das Haus von der Frau Henninger ist. Da war rundherum noch ein riesiges Grundstück, da stehen dann so kleine Wolkenkratzer, das Haus selbst steht aber noch. Das ist auch restauriert worden, ich glaube es steht sogar unter Denkmalschutz. Da habe ich zu meinem gesagt: „Hier waren wir mal eine Zeit lang zuhause.“ Und meine Schwester, die Zweitälteste, die war mit ihrem Mann mal in Burg Bernheim, da hat die Frau Henninger noch gelebt.“

Frau S. (*36):
„Also wie gesagt, diese eine Erfahrung (Frau S. wurde während des Krieges direkt von JaBos beschossen, blieb allerdings unversehrt, obwohl sie unmittelbar Im Kugelhagel stand), die ich da in Marpingen mal hatte, wo ich da wirklich in dem Granatenhagel, also nicht im Granatenhagel, die JaBos, die haben ja so Bordwaffen abgeschossen. Das ist also etwas, was heute in mir noch sehr lebendig ist. Aber ansonsten, ich kann ja nicht sagen, wenn nicht Krieg gewesen wäre, wär’s so gewesen. Man lebt ja sein Leben nur anders. Was sich dann später bei mir, Folgen von dem Krieg; abgesehen davon, dass unsere Gesundheit heute, manche Defekte, die ganz klar auf die Mangelernährung und den ganzen… zurückzuführen sind, kann ich nicht sagen, das und das ist eine Kriegsfolge. Also das könnte ich nicht sagen. Ich mein, es kam dazu, dass eben unsere Eltern trotz allem uns doch relativ abgeschirmt haben, sehr sorgsam waren und wir auch in einer Großfamilie geborgen waren. Wie gesagt, außer dem konkreten Erlebnis, ich kann das so erzählen, aber dass ich jetzt sagen kann, das hat auf mich die und die Auswirkung, eben außer dass meine Lebensentwicklung mangels Bildung natürlich wahrscheinlich anders gelaufen wäre.

[…]

Na gut, die Erinnerungen an manche Schulkameraden, da sind einige, die auch hier zu hause waren und sind umgekommen; auch in so Angriffen, Splitter und so weiter. Das hat man da meistens erst nach, wie wir dann wieder zuhause waren; „die Edith ist tot, der Georg ist tot. Ja warum denn? Ja, Krieg, Splitter“…weiß der Geier…“


Herzlichen Dank!

An dieser Stelle möchte ich mich von ganzem Herzen bei allen Zeitzeugen bedanken, die sich die Zeit genommen haben, aus ihrem Leben zu berichten. Für mich war es von Anfang an nicht selbstverständlich, dass sie dazu bereit sind, mir als Außenstehendem so Sensibles mitzuteilen. Ein besonderer Dank gilt ebenso dem Seniorenrat, durch den ich während und nach der Vorstellung des Konzepts eine sehr große Unterstützung erfahren durfte.

Ich für meinen Teil habe als Kriegsurenkel während den Erzählungen und deren Bearbeitung wirklich viel über die Generation der Kriegskinder erfahren dürfen. Es waren einige sehr emotionale Gespräche dabei, die in mir wirklich Eindruck hinterlassen haben.

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